Advent, Advent, ein Lichtlein brennt – und mit jedem weiteren Licht wächst die Vorfreude auf Weihnachten. Doch in Schweden ist der Beginn der Adventszeit nicht nur von den Lichtern der Weihnachtsvorbereitungen geprägt. Für mich fühlt es sich jedes Jahr so an, als würde ich in einen immer schneller drehenden Strudel weihnachtlicher Traditionen hineingezogen werden.
Das Luciafest, das am 13. Dezember gefeiert wird und in Schweden die Adventszeit auf besondere Weise erleuchtet, trägt dazu bei, das Tempo etwas zu drosseln. Der Überlieferung zufolge ist dieser Brauch auf die Heilige Lucia von Syrakus, dem heutigen Sizilien, zurückzuführen. Lucia war die Tochter einer römischen Familie, die den verfolgten Christen, die sich in den Katakomben der Stadt versteckten, Essen brachte. Ihr Licht, das ihr den Weg zu den Verstecken erhellen sollte, trug sie auf dem Kopf, um mit ihren Händen so viel wie möglich an Nahrung zu den Verfolgten bringen zu können. Letztlich wurde sie verraten und starb am 13. Dezember einen grausamen Märtyrertod, dessen Erinnerung jedes Jahr mit dem Luciafest lebendig wird.
Der Luciatåg besteht aus jungen Mädchen in weißen, langen Kleidern mit roten Schärpen und Jungen mit spitzen Hüten. Sie alle haben ein Licht in der Hand und werden von Lucia angeführt, die einen Lichterkranz auf dem Kopf trägt.
Singend präsentiert sich der Luciatåg am Morgen des 13. Dezembers, und wie ihr jetzt vielleicht schon ahnt, stoßen die ein oder anderen Eltern an diesem Morgen an ihre organisatorischen Grenzen, sollten sie mehr als ein Kind haben und diese womöglich auch noch unterschiedliche Einrichtungen besuchen.
Pünktlich zwischen 07:00 und 07:30 Uhr setzt sich das Gefolge an allen Ecken und Enden der Stadt in Gang. Jetzt müssen die Kleider sitzen, die roten Bänder schön geschnürt sein und die elektrischen Kerzen der Lucias brennen. „I går kväll gick det ju!“, – „Gestern Abend hat noch alles funktioniert!“, hört man eine verzweifelte Mutter gestresst in die Menge der anderen Mütter und Väter rufen. Dieser Hilfeschrei wird wohlwollend mit einer Packung AA-Batterien beantwortet, und mit einem erleichterten „Tack så jättemycket!“ geht es sogleich ans Batteriewechseln.
Das ist sie, die schwedische Gelassenheit! Wohl wahr: „Det ordnar sig.“, wie die Leute in Värmland sagen. Und dann geht es auch schon los. Als Erstes wird das Lied „Natten går tunga fjät“ angestimmt. Der Luciatåg setzt sich in Bewegung: Lucia gibt ganz vorne den Takt an und schreitet majestätisch in den Raum, gefolgt von den anderen Kindern, die sich kurz darauf im Halbkreis zusammenfinden. Es folgen weitere Lieder und Gedichte, während die Mütter und Väter ein Blitzlichtgewitter veranstalten. Andächtig schiele ich zur Wanduhr. Wäre es nicht langsam an der Zeit, die Lussekatter zu essen, diese traditionellen schwedischen Safranbrötchen, die die Kinder mithilfe ihrer ambitionierten Erzieher gebacken haben?
Jeder ist nun eingeladen, sich ein Lussekatt und einen Becher Glögg zu nehmen. Sehr stolz, aber dennoch erleichtert, finden sich die Kinder bei ihren Eltern ein, die sie mit den Worten: „Vad duktig du var.“ empfangen. Ja, es wird meiner Meinung nach viel mehr gelobt als getadelt in Schweden – eine Einstellung zum täglichen Miteinander, die ich als echte Bereicherung in Schweden erlebt habe.
Nach dem geselligen Beisammensein, dem Singen und dem Genuss der Lussekatter ist die Weihnachtszeit in Schweden noch lange nicht zu Ende. Was folgt, ist eine weitere schwedische Tradition, die sich mit festlichem Genuss und kulinarischen Köstlichkeiten rund um den Julbord dreht. Doch mehr dazu im nächsten Blogbeitrag, in dem ich euch in die Welt des schwedischen Weihnachtsbuffets entführe – von herzhaften Delikatessen bis zu süßen Leckereien, die das Herz eines jeden Weihnachtsliebhabers höherschlagen lassen.
Bis zum nächsten Mal!